Claudia Rösener & Henrik Hold

Die Wahrnehmung von Unaufmerksamkeit ist Aufmerksamkeit

Ausstellung vom 10.02. - 19.02.2023

Eröffnung Freitag 10.02.2023 18 Uhr

Claudia Rösener – Leere und Fülle

Jedes Gefäß verkörpert einen geduldigen Prozess: der Formung, eines ersten Brandes, des Glasierens, eines zweiten Brandes und manchmal noch einer Bemalung und eines dritten Brandes.

Bei diesen Abläufen kann vieles schiefgehen, das Ergebnis ist kein unmittelbares, sondern ein abstrahiertes. Der Zufall wird dabei in den Prozess eingebunden, ist sehr erwünscht, wird eingeladen und zeigt sich manchmal in großzügiger Überraschung.

Auf diesem Weg entsteht Schönheit, keine geplante, keine gewollte, sondern eine dem Vorgehen innewohnende Feinheit, eine sich aufbauende Ordnung, die sich manchmal einen Augenblick lang einem aufkommenden Impuls anvertraut, manchmal sich selbst genügt.

Es geht also nicht in erster Linie um den Gebrauch, obwohl es ihn gibt.

Nicht um Kunst, obwohl sie die Perspektive bietet.

Nicht um Handwerk, obwohl es die Grundlage der Handlung bestimmt.

In den alten Künsten Asiens ist die Ausübung einer solchen ein geistiger Weg,

auf dem vorallem der ihm folgende Mensch etwas lernt, mit sich selbst und durch sich selbst.

Durch die Art und Weise, etwas zu tun.

Im Unterschied zum westlichen Kunstverständnis führt nicht das Ego des Künstlers die Arbeit an, sondern der Künstler versucht sich an etwas anzuschließen, was über ihn selbst hinausgeht.

Mit dieser höheren Natur übereinzustimmen und ihren Gesetzmäßigkeiten zu folgen, macht die Arbeit statt zu einem Kampf zu einer immer tiefer werdenden Anbindung.


Henrik Hold - Gedanken zum Dreieck

Gleichseitige Dreiecke mit gleicher Seitenlänge aneinandergesetzt ergeben ein Raster mit Achsen in drei Richtungen. Der Blume des Lebens, einer Struktur aus Kreisen, die Teilungs- und Wachstumsprinzipien in der Natur verbildlicht, ist ein solches Dreiecksraster eingeschrieben.

Dieses Raster ist eine besondere Schnittstelle zwischen dem Zwei- und Dreidimensionalen. Die Wabenform, das Hexagramm und die fünf platonischen Körper lassen sich aus dem Raster beispielsweise erschliessen. Eine Metatrons Würfel Form genannte Struktur kann dabei wie ein Schlüsselbund fungieren, weil dort all diese Formen ineinander gelagert sind. Metatron ist ein Engel aus der jüdischen Mythologie, der den göttlichen Plan in die dreidimensionale Welt gebracht haben soll.

Das Dreiecksraster ist in meinen Malereien zur die gegenständliche Welt durchwirkenden Struktur geworden und das Dreieck in den meisten Holzarbeiten zum Grundbaustein. Auch den kreisdominierten Bildern liegt eine Dreiecksanordnung zugrunde. Ich nehme das Dreieck als Grundprinzip eines metaphorischen Äthers, um Zusammenhänge des gegenständlich-dinglich-materiellen Raums mit der nicht-physischen Realität zu visualisieren. Dynamische Quantenfelder (oder Begriffe?) könnten sich dreiecksförmig anordnen um stabile Materie zu werden …

In der Malerei hantiere ich mit komplementären Farben, der Polarität Hell – Dunkel und den Prinzipien Licht – Materie. Gegensatzpaare nur als rein geistiges Prinzip als solche erkennbar vermischen sich in der Wirklichkeit der Malmaterie zu einem Bild. Zum Hell – Dunkel kommt die Farbe und verdichtet den Eindruck. Entsteht hier eine dynamische temporäre Dreieckskonstellation: Farbe – Hell – Dunkel? Hell – Dunkel hebt sich in der Mitte (wenn beide Seiten den gleichen Wert haben) gegenseitig auf und wird zu nichts Erkennbarem. Was man aber wiederum als Licht bezeichnen kann, und Farbe als Materie. Wobei sich in dieser Denkrichtung ein neues Begriffspaar Licht – Materie gebildet hat. So sehe ich permanente sich bildende und wieder auflösende Dreiecksstrukturen im Prozess der Wahrnehmung von Wirklichkeit und dem Wechselspiel von Geist und Materie.